Vorwürfe gegen Deutsche Krankenhausgesellschaft: Irreführende Kommunikation zu Verletzungen durch Feuerwerk

pressemitteilung

Vorwürfe gegen Deutsche Krankenhausgesellschaft: Irreführende Kommunikation zu Verletzungen durch Feuerwerk

23. Dezember 2025

Eine Meldung der „Deutschen Krankenhausgesellschaft“ suggeriert, dass die Kliniken in Deutschland durch „feuerwerksbedingte Verletzungen wieder übermäßig stark belastet“ seien. Ein Blick auf die Zahlen der DKG offenbart das Gegenteil - und wirft grundlegende Fragen zur Informationspolitik des Vereins auf. Der Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V. fordert Klarstellung von Gerald Gaß als Präsident des Vereins.

Die Meldung der DKG finden Sie hier. Einen umfassende Hintergrundartikel zur Kritik an der Meldung finden Sie hier.

Berlin, den 23.12.2025 - Der Präsident des Vereins Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG), Gerald Gaß, ließ Ende 2020 verlautbaren: „Diejenigen, die sich beim Böllern verletzen, machen in der Regel nicht die hohen Zahlen in den Notaufnahmen aus. Es sorgen eher diejenigen für Krankenhauseinweisungen, die zu viel Alkohol trinken und dann in Streit geraten oder sich in anderer Weise verletzen.“ In scharfem Kontrast zu dieser Aussage steht eine wiederkehrende Meldung seines Vereins, der eine „übermäßig starke Belastung“ der Krankenhäuser durch Verletzungen durch Feuerwerk suggeriert. Die in der Meldung kommunizierten Zahlen offenbaren das Gegenteil – und gravierende methodische Mängel.

Vielfältige Ursachen für betrachteten Diagnoseschlüssel, irreführende Interpretation

In der Meldung betrachtet die DKG die Anzahl stationär aufgenommener Fälle mit dem Diagnoseschlüssel W49.9 nach dem gängigen Klassifikationssystem für Krankheiten und Diagnosen ICD-10. Der Diagnoseschlüssel beschreibt „Verletzungen durch unbelebte mechanische Kräfte, nicht näher bezeichnet“. Ihre nähere Beschreibung inkludiert Verletzungen durch fallende oder geworfene Gegenstände, das Eindringen eines Fremdkörpers durch die Haut, Verletzungen durch Handfeuerwaffen, Messerstiche, Werkzeuge und Feuerwerkskörper. Zwar schreibt die DKG, dass Verletzungen durch Feuerwerk nur eine von vielen möglichen Ursachen für Verletzungen sind, die mit dem Diagnoseschlüssel W49.9 erfasst werden. Der Tenor der Meldung suggeriert jedoch das Gegenteil und wirkt schon insofern irreführend.

Stationäre W49.9-Fälle selten, feuerwerksbedingter Fälle noch seltener

Eine nähere Betrachtung der von der DKG präsentierten Zahlen offenbart das Gegenteil dessen, was die Meldung suggeriert. So führt die Meldung einhundert stationär aufgenommene Fällen mit dem Diagnoseschlüssel W49.9 auf. Wie die DKG mitteilt, organisiert sie mit 1.874 Kliniken nahezu alle in Deutschland. Es ist demnach davon auszugehen, dass die beschriebenen 100 Fälle in einer Gesamtheit von 1.874 Kliniken auftreten. Dies bedeutet, dass rechnerisch pro Klinik 0,05 dieser Fälle auftreten – oder: In nur jedem 20. Krankenhaus tritt ein stationär behandelter W49.9-Fall auf. Der Anteil der durch Feuerwerk verursachten Verletzungen beträgt daran jedoch nur einen Bruchteil. Stationär aufgenommene Verletzungen durch Feuerwerk – und illegale Explosivstoffe – sind demnach noch seltener, als die DKG mit ihren ohnehin schon merkwürdigen Zahlenspielen zu suggerieren versucht.

Fehlannahmen zu Verletzungsursachen, irreführender Vergleich mit 2021

Weiterhin vergleicht die DKG das Aufkommen an W49.9-Fällen am 1. Januar 2021 mit den Fallzahlen vom vergangenen Jahresbeginn (32 vs. 100 Fälle) und suggeriert als einzigen Grund für diesen Umstand das Verkaufsverbot von Feuerwerk während der Pandemie. Auch diese Betrachtung wirkt irreführend. Denn zum besagten Jahreswechsel führten auch Kontakt- und Ansammlungsbeschränkungen zu einem risikoärmeren Verhalten in der Bevölkerung. Dies dürfte großen Einfluss auf die als W49.9 klassifizierten Fallzahlen ausüben, da viele silvestertypische Verletzungsursachen unabhängig von Feuerwerk für diesen Diagnosecode relevant sind. Dazu gehören die Folgen von viel Bewegung und Begegnung, aber auch einem bundesweit intensiven Alkoholkonsums mit Folgen wie eingeschränkter Wahrnehmung, Reaktionsfähigkeit und Motorik, daraus resultierende Unfälle sowie eskalierende Konflikte mit tätlichen Angriffen.

Kontrast zu wissenschaftlicher Studie

Der Tenor der Meldung der DKG steht in scharfem Kontrast zu den eigenen Zahlen und erweckt eher den Eindruck politischer Kampagne als seriöser Kommunikation von Gesundheitsdaten. Anders verhält es sich bei einer jüngst erschienenen Studie, die den Einfluss der Feuerwerksverbote während der Pandemie auf die Auslastung der Notaufnahmen untersucht. Mit einer aufwändigen Methodologie und Daten aus dem bundesweiten Notaufnahmeregister AKTIN ist es die bisher umfassendste Studie zum Thema in Deutschland (Ehrentreich et. al. 2025). Die Autor:innen kommen zu dem Schluss: „Das Feuerwerksverbot während der COVID-19-Pandemie führte nicht zu einer relevanten Reduktion der Gesamtinanspruchnahme von Notaufnahmen oder der Verletzungsmuster rund um den Jahreswechsel. Die Fallzahlen zeigten über alle Jahre, einschließlich der Jahre mit Verbot, konsistente zeitliche Peaks zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden“ (Wortlaut der Studie). Der Bundesverband für Pyrotechnik hatte mit einer Meldung auf die Veröffentlichung hingewiesen.

Konstruierte Rückschlüsse

Wie die DKG betont, handelt es sich bei den absoluten Zahlen lediglich um die stationär aufgenommenen Fälle mit dem Diagnoseschlüssel W49.9. Das tatsächliche Aufkommen an Verletzungen, die in Notaufnahmen oder ambulant versorgt werden, dürfte deutlich größer sein. Doch auch hier begeht die DKG einen schwerwiegenden Fehler, wenn sie behauptet, dass „die Zahlen aus der stationären Versorgung [...] einen Trend zur Belastung der Krankenhäuser durch feuerwerksbedingte Verletzungen“ bilden würden. Weder erlauben die Zahlen der W49.9-Fälle Rückschluss auf die Fallzahlen von Verletzungen durch Feuerwerk, noch lassen sich aus der Anzahl stationärer Aufnahmen Rückschlüsse auf die Anzahl von ambulant bzw. in Notaufnahmen behandelten Fällen ziehen.

Aufklärung gefordert

Der Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V. hatte mehrfach - zuerst im Frühjahr 2023 - Kontakt zur DKG gesucht und um Austausch und ergänzende Informationen gebeten. Alle Anfragen blieben unbeantwortet. bvpk-Geschäftsführer Christoph Kröpl kommentiert: „Die Kommunikation der DKG wirft grundlegende Fragen hinsichtlich der Arbeitsweisen und Ziele des Vereins auf. Sollten unsere Betrachtungen stimmen, wäre klar: An seriöser Aufklärung der Öffentlichkeit ist hier nicht gelegen. Vielmehr wird ein privilegierter Zugriff auf Gesundheitsdaten für Kampagnen missbraucht. Die eigenen Zahlen dermaßen zu verdrehen kann sich kein seriöser Akteur im Gesundheitssektor erlauben.“ Gerald Gaß, Präsident des Vereins Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. sollte dringend Klarheit in die Sache bringen und Auskunft geben über: 

  • den Anteil an Feuerwerksverletzungen an der Gesamtheit der erfassten ICD-W49.9-Fällen. Sollten der DKG hierzu keine Daten vorliegen, ist zu erklären, warum sie glaubt mit den Daten einen „Trend zur Belastung der Krankenhäuser durch feuerwerksbedingte Verletzungen“ abbilden zu können.
  • den Anteil an Feuerwerksverletzungen (wenn nicht möglich: der ICD-W49.9-Fälle) an der Gesamtheit der am Neujahrsmorgen behandelten Fälle. Sollten der DKG hierzu keine Daten vorliegen, ist zu erklären, wieso sie eine „übermäßig starke Belastung der Krankenhäuser“ auf feuerwerksbedingte Verletzungen zurückführt.
  • die Anzahl der W49.9-Fälle am Neujahrmorgen 2022. Laut Studien waren in diesem Jahr die Zahl der W49.9-Verletzungen gestiegen – trotz anhaltendem Feuerwerksverbot. Auch dieser Umstand würde dem von der DKG konstruierten Narrativ einer starken Belastung durch Feuerwerksverletzungen widersprechen – ein möglicher Grund, warum die DKG jährlich die Zahlen von 2021 kommuniziert, nicht aber die von 2022.

Unseröse Kommunikation fördert Vorurteile und Spaltung

Eine vermeintlich hohe Belastung des Gesundheitssektors durch Verletzungen mit Feuerwerk wird immer wieder als Argument für Verbote von Feuerwerk herangezogen. „Es hat sich zu einer Art Binsenweisheit entwickelt, dass die Krankenhäuser an Silvester wegen Feuerwerksverletzungen voll seien. Dafür gibt es keinerlei wissenschaftlich oder statistisch haltbaren Belege. Aktuelle Studien deuten eher darauf hin, dass Verletzungen durch Feuerwerk sehr selten sind. Die unseriöse Kommunikation von Akteuren wie der Deutschen Krankenhausgesellschaft fördert Vorurteile und Fehlannahmen sowie gesellschaftliche Spaltung“, kommentiert Christoph Kröpl als Geschäftsführer des bvpk. Während zugelassenes Silvesterfeuerwerk der Kategorie F2 bei korrekter Handhabung sehr sicher ist, gehen von grassierendem illegalem Feuerwerk massive Gefahren aus. So dürfte der größte Teil der schweren, stationär behandelten Fälle auf illegale Explosivstoffe zurückzuführen sein. „Jede Person im Gesundheitssektor, die diese Fälle behandelt und Menschen zum Überleben verhilft, verdient tiefe Anerkennung. Zumindest ein Hauch Respekt sollte auch gegenüber jenen Millionen Menschen walten, die legales Feuerwerk zum Jahreswechsel sicher und verantwortungsbewusst nutzen“, schließt Kröpl.

Weiterführende Informationen

  • Hintergrundartikel zur Kritik an der Meldung der Deutschen Krankenhausgesellschaft durch den Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V.
  • Meldung der Deutschen Krankenhausgesellschaft vom 5. Dezember 2025
  • Pressemitteilung des bvpk vom 16.12.2025: Neue Studie zeigt keine Entlastung der Notaufnahmen durch Verbote

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